1. Spätestens seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. September 2023 (Az. 1 ABR 22/21), in dem das Bundesarbeitsgericht bekräftigt hat, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann, verfügen fast alle Unternehmer über ein entsprechendes Zeiterfassungssystem.
Nun kommt es häufiger vor, dass Arbeitgeber, insbesondere bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststellen, dass der Mitarbeiter weniger Stunden gearbeitet hat, als arbeitsvertraglich vereinbart war („sogenannte Minusstunden“) und dennoch seinen vollen Lohn erhalten hat. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das zu viel gezahlte Gehalt zurückgefordert oder verrechnet werden kann.
2. Zunächst muss eine Abgrenzung zwischen vom Mitarbeiter verursachten Minusstunden und Annahmeverzug von Seiten des Arbeitgebers erfolgen.
Arbeitet ein Mitarbeiter weniger als vertraglich vereinbart, weil der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht im vertraglich vereinbarten Umfang beschäftigen kann (z.B. aufgrund Auftragsrückgangs) oder schlichtweg an zu wenigen Wochenstunden eingeteilt hat, handelt es sich nicht um Minusstunden im eigentlichen Sinn, sondern der Arbeitgeber befindet sich im Annahmeverzug. In diesem Fall hat der Mitarbeiter Anspruch auf seine vertragsgemäße Vergütung.
3. Sind Minusstunden vom Mitarbeiter selbst verursacht, weil der Mitarbeiter auf eigene Veranlassung häufiger später kommt, früher geht oder länger in der Pause bleibt, sind dies „richtige“ Minusstunden. Minusstunden können im jeweiligen Abrechnungszeitraum, in der Regel in dem Monat, in dem sie angefallen sind, vom Gehalt abgezogen werden, ohne dass eine besondere Vereinbarung im Arbeitsvertrag enthalten sein muss.
4. Sammelt ein Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum Minusstunden an, weil der Arbeitgeber Minus- und Plusstunden nicht monatlich ausgleicht – das heißt Plusstunden jeden Monat ausbezahlt und Minusstunden monatlich vom Gehalt abzieht – sondern im Rahmen eines Zeiterfassungssystems in die nächsten Monate überträgt, stellt sich die Frage ob und wann vom Mitarbeiter verursachte Minusstunden ausgeglichen werden müssen bzw. ob der Arbeitgeber zu viel gezahltes Arbeitsentgelt im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückfordern kann.
Nach herrschender Meinung ist hierfür eine arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Vereinbarung erforderlich. Allein die elektronische Zeiterfassung durch den Arbeitgeber, in denen sich ein Ausweis von Minusstunden ergibt, reicht für eine Rückforderung in der Regel nicht aus. In diesem Fall kann der Arbeitgeber das zu viel bezahlten Gehalt, nicht vom Mitarbeiter zurückfordern oder mit dem letzten Gehalt verrechnen.
5. Soll in Ihrem Unternehmen eine flexible Arbeitszeit gelten und ist es den Mitarbeitern erlaubt, im Einzelfall früher zu gehen / zu kommen, sollte eine Regelung zu Arbeitszeitkonten in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden.
Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten eine Vereinbarung zu Arbeitszeitkonten zu treffen.
In Betracht kommen Langzeitkonten (z.B. Lebensarbeitszeitkonten) oder Kurzzeitkonten.
In der Regel werden Kurzzeitkonten vereinbart. Der Mitarbeiter erhält unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit ein „verstetigtes Arbeitsentgelt“ auf der Basis der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit. In der Regelung zum Arbeitszeitkonto ist ein Ausgleichszeitraum aufzunehmen, in dem die Plus- oder Minusstunden auszugleichen sind. Empfehlenswert ist hier ein Zeitraum bei Kurzzeitkonten von 6-12 Monaten. Häufig werden auch Obergrenzen für Plus- und Minusstunden festgelegt.
Fazit: Wenn Sie Ihren Arbeitnehmern eine gewisse Flexibilität bei der Arbeitszeit zubilligen oder künftig zugestehen wollen, bietet sich die vertragliche Vereinbarung von Arbeitszeitkonten an.
Gerne beraten wir Sie zu den Einzelheiten.