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Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung im ersten Halbjahr 2025 – Chancen und Herausforderungen

Hintergrund

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) steht 2025 vor einer angespannten finanziellen Lage. Trotz Überschüssen einzelner Krankenkassen im ersten Halbjahr wird die Stabilität des Systems durch Defizite im Gesundheitsfonds und unter den Mindestreserven liegende Rücklagen infrage gestellt. Für Vertragsärztinnen und -ärzte sowie Vertragszahnärzte sind die Entwicklungen insbesondere im Hinblick auf Vergütungsverhandlungen, Budgetplanung und Ausgabensteigerungen in der ambulanten Versorgung relevant.

Finanzüberschüsse der Krankenkassen

Im ersten Quartal 2025 erzielten die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt einen Überschuss von 1,8 Milliarden Euro, verteilt auf die verschiedenen Kassenarten:

KassenartÜberschuss 1. Quartal 2025
Ersatzkassen755 Mio. €
Ortskrankenkassen460 Mio. €
Betriebskrankenkassen287 Mio. €
Innungskrankenkassen191 Mio. €
Knappschaft144 Mio. €
Landwirtschaftliche Krankenkasse (nicht am Risikostrukturausgleich teilnehmend)5 Mio. €

Im zweiten Quartal 2025 wurden erneut Überschüsse von knapp 2,6 Milliarden Euro erzielt:

  • AOKs: 460 Mio. €
  • Ersatzkassen: 1,14 Mrd. €
  • Innungskrankenkassen: 305 Mio. €
  • Betriebskrankenkassen: 472 Mio. €

Gesamtüberschuss 1. Halbjahr 2025: etwa 2,8 Milliarden Euro.

Ausgabenentwicklung für ambulant-ärztliche Behandlungen

Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen stiegen im ersten Halbjahr um 7,0–7,8 % bzw. rund 2,0 Milliarden Euro, was das stärkste Wachstum seit über zehn Jahren darstellt.

  • Besonders stark betroffen: Schutzimpfungen, die um 15,8 % auf 1,69 Milliarden Euro zunahmen.
  • Grund für die gestiegenen Ausgaben: höhere Fallzahlen, steigende Patientennachfrage und teilweise höhere Vergütungssätze.

Diese Dynamik ist für Vertragsärztinnen und -ärzte besonders relevant, da sie die Basis für Budgetplanungen und zukünftige Vergütungsverhandlungen bildet.

Defizit im Gesundheitsfonds

Trotz der Überschüsse einzelner Krankenkassen weist der Gesundheitsfonds im ersten Quartal ein Defizit von 4,5 Milliarden Euro auf.

  • Grund: Das Fondsdefizit reflektiert Saison- und Strukturunterschiede zwischen Einnahmen (Beiträge) und Ausgaben (Zuweisungen an Kassen).
  • Die Krankenkassen nutzen ihre Überschüsse vorrangig, um die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserven von 0,2 Monatsausgaben wieder aufzufüllen.

Rücklagenlage

Die Finanzreserven der Krankenkassen lagen zum 30. Juni 2025 bei rund 4,6 Milliarden Euro, entsprechend 0,16 Monatsausgaben. Damit wurde das gesetzlich vorgeschriebene Mindestniveau von 0,2 Monatsausgaben noch nicht erreicht, was die finanzielle Stabilität auf mittlere Sicht in Frage stellt.

Bedeutung für die ambulante Versorgung

  • Vergütungsverhandlungen: Die gestiegenen Ausgaben für ambulante Behandlungen geben Anlass zu intensiven Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Kassenärztlicher Bundesvereinigung.
  • Fallzahlabhängige Vergütung: Besonders bei Leistungen wie Schutzimpfungen, Haus- und Facharztbesuchen wird die finanzielle Belastung der Kassen und die Höhe der Vergütung für Vertragsärzte relevant.
  • Budgetplanung: Praxen müssen die zu erwartenden Fallzahlen und Budgetgrenzen angesichts steigender Ausgaben realistisch einschätzen.

Ausblick

Die GKV befindet sich in einem Spannungsfeld:

  1. Überschüsse einzelner Kassen vs. Defizit im Gesundheitsfonds
  2. Steigende Ausgaben für ambulante Versorgung
  3. Rücklagen unter gesetzlichem Mindestniveau

Folgen für die Politik und die Praxislandschaft:

  • Anpassung der Beitrags- und Zusatzbeiträge für Versicherte wahrscheinlich
  • Budgetierung und Vergütungssysteme werden überprüft und gegebenenfalls angepasst
  • Haus- und Facharztpraxen müssen sich auf weiter steigende Leistungsnachfragen einstellen

Langfristig ist eine kontinuierliche Beobachtung der Finanzentwicklung und eine vorausschauende Planung für Vertragsärzte erforderlich, um Versorgungssicherheit und Budgetstabilität zu gewährleisten.

116 117 – Vermittlung von Arztterminen in Deutschland

Hintergrund und gesetzliche Basis

Die bundeseinheitliche Rufnummer 116 117 dient als zentrales Instrument zur Terminvermittlung für gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten. Sie wurde im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) etabliert, um den Zugang zu Fachärzten, Hausärzten, Kinder- und Jugendärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu erleichtern.

Patientinnen und Patienten können Termine auf mehreren Wegen vereinbaren:

  • Telefonisch über die Rufnummer 116 117
  • Online über den E‑Terminservice
  • Mobil über die App 116 117

Ziel ist eine schnelle und koordinierte Terminvermittlung, insbesondere für Patienten mit Überweisungen vom Hausarzt oder Primärarzt.

Erwähnung im Koalitionsvertrag

Im aktuellen Koalitionsvertrag wird die Vermittlung über die 116 117 explizit bekräftigt. Der Wortlaut hebt die zentrale Rolle der Patientensteuerung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) hervor.

  • Hintergrund für die explizite Erwähnung ist nicht vollständig dokumentiert.
  • Möglicherweise soll die 116 117 als zentrales Steuerungsinstrument im Rahmen des angedachten Primärarztsystems hervorgehoben werden.

Funktion und Zielsetzung

Die 116 117 soll insbesondere folgende Funktionen erfüllen:

  1. Vermittlung von Terminen bei Vertragsärzten
    • Fachärzte, Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte, Psychotherapeuten
    • Bei Überweisungen auch bevorzugte Steuerung nach Dringlichkeit
  2. Reduzierung von Wartezeiten
    • Patienten sollen schneller einen Termin bei geeigneten Fachärzten erhalten.
  3. Steuerung im Primärarztsystem
    • Zusammen mit Jahresüberweisungen und zentraler Patientensteuerung durch Primärärzte kann die 116 117 dazu beitragen, Überversorgung durch unnötige Arztbesuche zu reduzieren.

Herausforderungen und Kritik

Trotz der vorhandenen Infrastruktur bestehen praktische und strukturelle Herausforderungen:

  • Fehlende belastbare Erfolgszahlen
    • Aktuell liegen keine verlässlichen Daten vor, wie hoch der Anteil erfolgreich vermittelte Termine ist.
    • Unklar ist, wie häufig Patienten an Krankenhäuser weitergeleitet werden müssen, weil kein Vertragsarzttermin verfügbar ist.
  • Qualitätsfragen bei Krankenhausbehandlungen
    • Bei Überweisungen an Krankenhäuser ist nicht garantiert, dass der in der vertragsärztlichen Versorgung geltende Facharztstandard immer umgesetzt wird.
  • Patientenkritik
    • Längere Anfahrtswege zu Fachärzten werden teilweise als belastend empfunden.
    • Die Möglichkeit, einen Wunscharzt zu erhalten, ist eingeschränkt.
  • Vage Regelungen im Koalitionsvertrag
    • Der Vertrag bestätigt zwar die Rolle der 116 117, lässt aber offen, wie die Vermittlung im Detail ausgestaltet werden soll und welche Zielwerte für Erreichbarkeit oder Erfolgsquote gelten.

Ausblick und Optimierungsmöglichkeiten

Die 116 117 bleibt ein zentrales Element der Patientensteuerung in Deutschland, insbesondere im Kontext des angedachten Primärarztsystems:

  • Zentrale Steuerung: Potenzial, Patientenkontakte effizient zu lenken und Hausärzte zu entlasten.
  • Optimierung durch Digitalisierung: Ausbau von Online- und App-basierten Services kann Wartezeiten reduzieren.
  • Integration mit Jahresüberweisung: Kombination von zentraler Terminvermittlung und Jahresüberweisung könnte Patientenflüsse besser kanalisieren.
  • Transparenz und Evaluation: Notwendig wären wissenschaftliche Evaluationen, um Erfolg, Akzeptanz und Qualität der Terminvermittlung zu messen und kontinuierlich zu verbessern.

Jahresüberweisung – Idee, Zielsetzung und Chancen für die hausärztliche Versorgung

Hintergrund: Arztbesuche in Deutschland

Im europäischen Vergleich weisen deutsche Patientinnen und Patienten eine relativ hohe Häufigkeit an Arztbesuchen auf. Studien zeigen, dass die jährlichen Kontakte im Schnitt deutlich über denen anderer Länder liegen (OECD Health Statistics 2024).

Eine Erklärung liegt in der Struktur des Abrechnungssystems, insbesondere der Vierteljahres-Systematik der Abrechnung von hausärztlichen Leistungen. Viele Leistungen werden fallzahlabhängig vergütet, z. B. über die Vorhaltepauschale (GOP 03040) oder die Versichertenpauschale, die pro Quartal abgerechnet wird. Das führt potenziell zu häufigeren Praxisbesuchen als medizinisch unbedingt erforderlich.

Idee der Jahresüberweisung

Die im Koalitionsvertrag erwähnte Jahresüberweisung ist ein Ansatz zur Patientensteuerung:

  • Patientinnen und Patienten erhalten einmal jährlich eine Überweisung durch ihre Primärärztin oder ihren Primärarzt zu einem Facharzt, falls eine fachärztliche Abklärung notwendig ist.
  • Ziel ist, die zahl der Arzt-Patientenkontakte zu reduzieren, indem unnötige Quartalsbesuche vermieden werden.
  • Durch die Bündelung von fachärztlichen Überweisungen wird gleichzeitig die zeitliche Entlastung der Hausärztinnen und Hausärzte gefördert, was die Umsetzung eines angedachten Primärarztsystems erleichtern könnte.

Die Jahresüberweisung soll den Primärarzt als zentrale Steuerinstanz stärken. Er entscheidet, welche Facharztkontakte notwendig sind und in welchem Zeitrahmen diese erfolgen. Damit können sowohl Patientinnen und Patienten als auch Praxen von effizienteren Abläufen profitieren.

Potenzielle Vorteile

VorteilErläuterung
Reduzierung unnötiger ArztbesucheWeniger Quartalskontakte durch klare Steuerung der Facharztbesuche.
Entlastung der HausarztpraxenWeniger Routinebesuche und bessere Planbarkeit von Praxisressourcen.
Stärkung der PrimärärzteHausärztinnen und Hausärzte übernehmen die koordinierende Rolle, was die Patientensicherheit erhöht.
Fokus auf chronisch KrankeJahresüberweisungen könnten gezielt für Patientengruppen mit komplexen oder chronischen Erkrankungen gestaltet werden.
Transparente SteuerungFacharztkontakte werden gezielt über den Primärarzt gesteuert; Doppeluntersuchungen werden reduziert.

Herausforderungen und offene Fragen

  • Fehlende gesetzliche Grundlage: Bisher gibt es keine gesetzliche Umsetzung oder Abrechnungsregelung für Jahresüberweisungen.
  • Akzeptanz bei Patienten: Patienten könnten den Eindruck bekommen, weniger direkten Zugang zu Fachärzten zu haben.
  • Koordination und Dokumentation: Praxen müssten die Überweisungen und deren Begründung sorgfältig dokumentieren, um Abrechnungs- und Haftungsfragen zu klären.
  • Integration in bestehende Abrechnungssysteme: Quartals- vs. Jahresabrechnung, Vorhaltepauschale und andere hausärztliche Leistungen müssten kompatibel bleiben.
  • Effekt auf Facharztpraxen: Jahresüberweisungen könnten zu zeitlichen Stoßzeiten bei Fachärzten führen, wenn alle Überweisungen zu Beginn des Jahres erfolgen.

Ausblick

Die Jahresüberweisung bleibt aktuell ein konzeptioneller Ansatz, der Teil der Diskussion um das Primärarztsystem ist. Ziel ist es, die Effizienz und Koordination der ambulanten Versorgung zu verbessern und gleichzeitig die Arbeitsbelastung der Hausärztinnen und Hausärzte zu reduzieren.

Für eine Umsetzung wären gesetzliche Regelungen, Abrechnungsmodalitäten und IT-gestützte Steuerungssysteme notwendig. Langfristig könnte die Jahresüberweisung helfen, die Patientenströme zu kanalisieren, Doppeluntersuchungen zu vermeiden und die hausärztliche Versorgung stärker zu zentralisieren.

Vorhaltepauschale bleibt mit geänderten Bedingungen bestehen

1. Kontext und gesetzlicher Rahmen

Mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) wurde beschlossen, die hausärztliche Versorgung zu stabilisieren, unter anderem durch eine neue Regelung der Vorhaltepauschale, die bisher als GOP 03040 bekannt ist.

Ziel ist, hausärztliche Leistungen stärker zu honorieren, die Entbudgetierung hausärztlicher Versorgung durchzusetzen und sicherzustellen, dass Praxen, die aktiv Grundversorgungsaufgaben übernehmen, angemessen vergütet werden.

2. Was bleibt, was ändert sich

Was bleibt bestehen:

  • Die GOP 03040 bleibt als Vorhaltepauschale für Hausärztinnen und Hausärzte grundsätzlich erhalten. Sie wird weiter gezahlt als Zusatz zur Versichertenpauschale, wenn im Quartal keine fachärztlichen Leistungen beim Patienten abgerechnet wurden.
  • Auch weiterhin gibt es Zuschläge bzw. Abschläge abhängig von der Praxisgröße, gemessen an der Zahl der Behandlungsfälle pro Hausarzt im Quartal: Mehr Fälle → Zuschlag; weniger Fälle → Abschlag.

Was sich ändert ab 1. Januar 2026:

  • Punktebewertung: Die GOP 03040 wird in der Grundbewertung von 138 Punkte auf 128 Punkte abgesenkt.
  • Zuschlagsmodell:
    • Praxen, die mindestens zwei von zehn vorgegebenen Kriterien erfüllen, erhalten einen Zuschlag von + 10 Punkten.
    • Praxen, die acht oder mehr Kriterien erfüllen, erhalten einen Zuschlag von + 30 Punkten.
  • Abschlag wegen geringer Impfleistung: Neu ist eine Regel, nach der Praxen, die weniger als zehn Schutzimpfungen pro Quartal durchführen, einen Abschlag von 40 % auf die Vorhaltepauschale erhalten, da Impfen zur hausärztlichen Grundversorgung gehört.
  • Praxisgröße bleibt relevant: Praxen mit mehr als 1.200 Behandlungsfällen je Hausarzt pro Quartal erhalten weiterhin einen etwas höheren Zuschlag. Praxen mit weniger als 400 Behandlungsfällen je Hausarzt im Quartal erhalten weiterhin einen Abschlag.

3. Die zehn Kriterien zur Zuschlagsfähigkeit

Damit Praxen die genannten Zusatzpunkte erhalten können, müssen bestimmte hausärztliche Grundversorgungsleistungen in definierten Häufigkeiten erbracht und abgerechnet werden. Hier eine Übersicht über wesentliche Kriterien (nicht abschließend):

KriteriumVorgabe/Häufigkeit*
Haus- und Pflegeheimbesuchemindestens 5 % der Behandlungsfälle.
Geriatrische / palliativmedizinische Versorgungmindestens 12 % der Fälle.
Kooperation mit Pflegeheim≥ 1 % der Fälle.
Schutzimpfungenin Quartal 1-3 mindestens 7 % der Fälle; im 4. Quartal mindestens 25 %.
Kleinchirurgie / Wundversorgung / postoperative Behandlungmindestens 3 % der Fälle.
Ultraschalldiagnostik (z. B. Abdomen oder Schilddrüse)mindestens 2 % der Fälle.
Hausärztliche Basisdiagnostik (z. B. Langzeit-Blutdruckmessung, Langzeit-EKG, Belastungs-EKG, Spirographie)mindestens 3 % der Fälle.
Videosprechstundemindestens 1 % der Fälle.
Zusammenarbeit / Teilnahme an Qualitätszirkeln oder Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)Erfüllung durch Nachweis der Zusammenarbeit / BAG / QS-Zirkel.
Praxisöffnungszeiten betreffend Abend- / Freitagnachmittag / vor 8 Uhr oder nach 19 UhrPflicht, Sprechstunden mindestens 14-täglich an bestimmten Zeiten anzubieten.

*Die Prozentzahlen beziehen sich auf die Anzahl der Behandlungsfälle einer Praxis innerhalb eines Quartals. Beispiel: Bei 1.000 Fällen müssen z. B. mindestens 50 Haus-/Heim-Besuche abgerechnet sein, um das entsprechende Kriterium zu erfüllen.

4. Finanzierung und Entbudgetierung

  • Entbudgetierung: Seit Oktober 2025 werden Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung (insbesondere Kapitel 3 des EBM) und hausärztliche Hausbesuche ohne Mengenbegrenzung vergütet. Das heißt: Diese Leistungen sind nicht mehr „gedeckelt“ durch Budgets, sondern werden in voller Höhe erstattet.
  • Honorartopf Hausarzt-MGV: Für die Entbudgetierung wird ein separater Honorarrahmen (Hausarzt-MGV) eingerichtet.

5. Potentielle Auswirkungen und Herausforderungen

Vorteile und Chancen

  • Anreize für Praxisleistungen, die zur Grundversorgung gehören, werden klarer und verbindlicher gemacht. Hausärztinnen und Hausärzte, die aktiv tätig sind (z. B. Impfungen, Basisdiagnostik, Hausbesuche), können Zusatzvergütungen erhalten.
  • Verbesserte Planbarkeit: Durch die Entbudgetierung wird eine bessere Vergütungssicherheit geschaffen.
  • Förderung der wohnortnahen Versorgung, da kleinere Praxen durch klare Kriterien und Zuschlag/Abschlag eventuell gezielt unterstützt oder zumindest motiviert werden, Grundversorgungsaufgaben zu übernehmen.

Risiken und offene Fragen

  • Belastung durch Kriterienerfüllung: Für manche Praxen, vor allem in strukturell benachteiligten oder ländlichen Regionen, kann die Erfüllung von acht oder mehr Kriterien schwierig sein. Personelle Ausstattung, Zeitressourcen, organisatorischer Aufwand etc. spielen eine große Rolle.
  • Abschlag bei zu wenigen Impfungen: Speziell Praxen mit niedriger Impfquote könnten stark benachteiligt werden. Es ist noch unklar, wie praktikabel die Messung und Rechtfertigung sein wird, insbesondere in Quartalen mit geringem Impfbedarf.
  • Praxisgröße und Fallzahlen: Der Abschlag bei weniger als 400 Fällen und Aufschlag über 1.200 Fällen pro Hausarzt bleiben bestehen, was kleinere Praxen strukturell benachteiligen kann. Gerade in dünner besiedelten Regionen sind Fallzahlen oft niedriger.
  • Finanzielle Neutralität vs. Umverteilung: Das Gesetz verlangt, dass die Gesamtvergütung budgetneutral bleibt — das bedeutet: Es darf keine zusätzlichen Ausgaben durch das System als Ganzes geben. In der Praxis wird es daher zu Umverteilungen kommen: Praxen, die viele Kriterien erfüllen, werden profitieren; andere könnten Einnahmeeinbußen erleben.
  • Umsetzung und Verwaltungsaufwand: Die KVen müssen die Kriterien operativ festlegen und prüfen; Praxen müssen dokumentieren und ggf. Prozesse anpassen. Auch die Praxissoftware, Abrechnungssysteme etc. sind zu berücksichtigen.

Fazit

Die Reform der Vorhaltepauschale GOP 03040 ab Januar 2026 ist eine bedeutende Anpassung im Rahmen der hausärztlichen Vergütung, insbesondere im Zuge der Entbudgetierung und der grundversorgenden Verpflichtungen.

Für Praxen, die bereits jetzt viele Grundversorgungsleistungen anbieten, bedeutet die neue Regelung überwiegend Chancen: sie können durch Erfüllung der Kriterien zusätzliche Vergütungszuschläge erhalten. Für andere Praxen können die Änderungen allerdings zu finanziellen Einbußen führen, wenn sie bestimmte Mindestleistungen nicht erbringen – insbesondere in Bezug auf Impfungen oder eine ausreichende Anzahl von „Pflege-/Hausbesuchen“ etc.

Langfristig wird entscheidend sein:

  • wie klar und praktikabel die Kriterien geregelt werden,
  • wie gerecht die Abschläge verteilt sind (insbesondere zwischen kleineren vs. größeren Praxen, ländlichen vs. urbanen Regionen),
  • wie die Umstellung begleitet wird (z. B. mit Übergangsfristen, Unterstützungsangeboten) und
  • wie stark diese Vergütungsänderungen tatsächlich Hausärzte motivieren, Grundversorgungs-Leistungen auszuweiten.

Die neue GOÄ – ein Update

Nach über 40 Jahren steht eine tiefgreifende Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bevor. Die „GOÄneu“ soll die privatärztliche Abrechnung an moderne medizinische, digitale und organisatorische Entwicklungen anpassen – und dabei für mehr Transparenz und Fairness sorgen.

Wir geben Ihnen einen kompakten Überblick über die wesentlichen Änderungen und den aktuellen Stand:

Wesentliche Neuerungen der GOÄneu

1. Erweiterter Leistungskatalog

Statt bisher rund 2.800 Leistungsziffern umfasst die GOÄneu künftig ca. 5.500 Positionen. Damit werden moderne Leistungen wie Telemedizin, elektronische Patientenakte (ePA) oder Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) erstmals explizit abgebildet.

2. Gebührenstruktur und Gebührenvereinbarung

Der neue Entwurf sieht einen „nicht unterschreitbaren Gebührensatz“ vor, der nur durch schriftliche Honorarvereinbarung mit Angabe von Steigerungsgrund überschritten werden darf. Dies ist eine Einschränkung gegenüber der bisherigen Praxis, soll aber durch Zuschläge ausgeglichen werden. Die Schriftform bleibt verpflichtend, um Patienten vor unbedachten Mehrkosten zu schützen. Das Wort „rechtzeitig“ vor Leistungserbringung bei Vereinbarungen wird gestrichen, um Unklarheiten zu vermeiden.

3. Analogleistungen entfallen

Leistungen, die bislang über Analogziffern abgerechnet wurden, werden künftig im Leistungskatalog direkt erfasst oder regelmäßig ergänzt. Das schafft mehr Rechtssicherheit und reduziert Interpretationsspielräume.

4. Einheitliche Regelungen für Ausfallhonorare

Auf Grundlage eines BGH-Urteils werden verbindliche Vorgaben für Ausfallhonorare eingeführt – etwa zu Fristen (z. B. 24–48 Stunden), Höhe und Ausnahmen. Damit entstehen klarere rechtliche Rahmenbedingungen für versäumte Termine.

5. Mehr Dokumentation & differenzierte Zuschläge

Zuschläge richten sich künftig nach objektiv nachvollziehbaren Kontextfaktoren wie Behandlungsdauer, Alter des Patienten, psychischer Belastung oder medizinischer Komplexität. Eine differenzierte Dokumentation wird somit wichtiger denn je.

6. Aufwertung der sprechenden Medizin

Gesprächsleistungen und ärztliche Zuwendung werden besser vergütet, während rein technische Leistungen tendenziell abgewertet werden. Das setzt neue Schwerpunkte in der Vergütungs-systematik.

7. Regelmäßige Aktualisierung

Ein Novum: Die neue GOÄ wird fortlaufend durch eine gemeinsame Kommission von BÄK, PKV und weiteren Akteuren aktualisiert. Damit sollen lange Stillstandsphasen wie in der Vergangenheit vermieden werden.

Auf den Punkt gebracht

Vergleich: Alt vs. Neu im direkten Vergleich:

BereichGOÄ alt (bis 2025)GOÄneu (ab vsl. 2026/2027)
Leistungszifferninsgesamt: 2.800insgesamt: 5.500, breiter und aktueller Katalog
GebührenstrukturSteigerungssatz (1,0–3,5)Festhonorare u. standardisierte Zuschläge
Analogleistungenhäufig notwendigentfallen, direkt im Katalog enthalten
Ausfallhonorareuneinheitlicheinheitlich geregelt
Dokumentationteilweise unspezifischdetaillierter, abrechnungsrelevant
DigitalisierungKaum abgebildetTelemedizin, ePA, DiGA systematisch integriert
AktualisierungJahrzehntelanger StillstandRegelmäßige Überarbeitung durch Fachkommission

Aktueller Stand & Zeitplan

Mai 2025:                           Der Deutsche Ärztetag stimmt dem Entwurf der GOÄneu zu.

2025–2026:                        Fachliches Clearing-Verfahren und politische Abstimmung mit dem BMG und Bundesrat.

Ab 2026/2027:                  Inkrafttreten der neuen GOÄ

Fazit

Die neue GOÄ bringt weitreichende Veränderungen mit sich – aber auch neue Chancen: Sie ermöglicht eine moderne und transparente Vergütung ärztlicher Leistungen. Wer sich frühzeitig mit den Neuerungen vertraut macht, legt den Grundstein für einen reibungslosen Übergang und kann die Vorteile optimal nutzen. Wir halten Sie dabei selbstverständlich stets auf dem Laufenden.