Geltung der Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte auch für GmbHs
Ärzte und Zahnärzte können nicht etwa die Preise für ihre Leistungen selbst festlegen, sondern sind auch im privat(zahn)ärztlichen Bereich an die jeweilige Gebührenordnung gebunden. Hierbei handelt es sich um Rechtsverordnungen, die aufgrund gesetzlicher Ermächtigungen erlassen wurden. Es handelt sich also um verbindliches Recht.
Diese gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen, konkret § 11 Bundesärzteordnung und § 15 Zahnheilkundegesetz erlauben es der Bundesregierung, Rechtsverordnungen zu erlassen, die Mindest- und Höchstsätze für die (zahn-) ärztlichen Leistungen festlegen. Nach den Gebührenordnungen selbst können zwar abweichende Vereinbarungen mit dem Patienten getroffen werden. Die Abweichung ist aber nur hinsichtlich des Faktors zulässig. Am Grundprinzip der Gebührenordnungen, nämlich der Abrechnung nach einzelnen Gebührenpositionen multipliziert mit Punktwert und Faktor kann nicht gerüttelt werden. Insbesondere können Pauschalpreise für Leistungspakete nicht vereinbart werden. Damit können Ärzte und Zahnärzte weder günstige Pauschalpreise als Werbemaßnahme zur Patientengewinnung nutzen, noch eine Pauschale mit dem Patienten für eine komplexe, neuartige Behandlung vereinbaren, die gar keine Nennung in der Gebührenordnung findet. Sie bleiben auf die (ggf. analoge) Abrechnung nach den Gebührenpositionen beschränkt. Auch eine Gewährung von Rabatten auf die GOÄ-Preise ist nicht zulässig, da dies ein nicht vorgesehener Rechenschritt wäre.
Lange Zeit gab es durchaus prominente Stimmen in der Rechtswissenschaft einschließlich diverser Gerichte, die die Geltung der Gebührenordnungen auf selbstständige Ärzte beschränkten. Wurde die Praxis in der Rechtsform einer sog. juristischen Person, z.B. als MVZ-GmbH betrieben, sollten nach dieser Rechtsauffassung die Gebührenordnungen nicht einschlägig sein. Dies hätte zur Folge, dass die soeben dargestellten Restriktionen nicht gelten sollten. Mit anderen Worten: Die MVZ-GmbH dürfte danach sehr wohl Pauschalpreise oder Rabatte bewerben und vereinbaren.
Diese Stimmen stützten ihre Auffassung vor allem auf die Formulierung in § 1 GOÄ bzw. § 1 GOZ, wonach sich (nur) die „beruflichen Leistungen der Ärzte bzw. Zahnärzte“ nach diesen Verordnungen bestimmen. Wenn der Behandlungsvertrag mit der Praxis- oder MVZ-GmbH bestünde, sei dies keine Leistung der (Zahn-) Ärzte, die abgerechnet würde. Vielmehr würde die GmbH die Behandlung leisten und sich hierfür angestellter (Zahn-) Ärzte bedienen. Diesem Verständnis folgte z.B. jüngst das Oberlandesgericht Frankfurt und hielt es für rechtens, dass sich eine GmbH, die ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit der Behandlung mit medizinischem Cannabis vermittelte und gegenüber dem Patienten selbst abrechnete, nicht an die GOÄ hielt und Rabatte bewarb (Beschluss vom 21.09.2023, Az.: 6 W 69/23).
Dieser Auffassung hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr in seinem überzeugend begründeten Urteil vom 04.04.2024 (Az.: III ZR 38/23) eine definitive Absage erteilt. Darin urteilte Deutschlands höchstes Zivilgericht, dass die GOÄ selbstverständlich auf juristische Personen wie GmbHs anwendbar sei. Entscheidend sei nur, dass es sich um ambulante Leistungen handelt, die durch Ärzte erbracht werden und die gegenüber dem Patienten abgerechnet werden. Die Ausführungen lassen sich dabei eins zu eins auch auf die GOZ übertragen.
Nach den Ausführungen des BGH verfolgt die GOÄ das Ziel, einerseits angemessene Einnahmen für die Leistungserbringer zu sichern, und andererseits für die Patienten (und die dahinterstehenden Kostenträger) eine unkontrollierbare und unzumutbare finanzielle Kostenbelastung zu verhindern. Es soll ein Ausgleich zwischen diesen Interessen durch die Mindest- und Höchstsätze gewährleistet werden. Nur weil die ärztliche Leistung durch eine GmbH erbracht wird, seien die Interessen der zur Zahlung verpflichteten Patienten nicht weniger schutzbedürftig und die Interessen der Abrechnenden nicht weniger regulierungsbedürftig. Ansonsten könnte das gesetzgeberische Ziel des dargestellten Interessenausgleichs ohne weiteres durch die Gründung einer GmbH umgangen werden. Nach alledem kann lt. BGH „ausgeschlossen werden, dass die Liquidation ambulanter ärztlicher Leistungen, zu deren Erbringung sich nicht der Arzt selbst, sondern eine juristische Person [wie eine MVZ-GmbH], bei der der Arzt beschäftigt ist, verpflichtete, unreguliert bleiben sollte“.
Die früher bestehenden Unklarheiten sind damit beseitigt und es besteht eine höchstrichterliche, argumentativ überzeugende Klärung der Frage um die Gebührenordnungen und die GmbH. Es macht keinen Unterschied, ob die Praxis von einem Einzelarzt, einer Berufsausübungsgemeinschaft oder als GmbH (ggf. von Investorenhand) betrieben wird. Jeder, der ambulante ärztliche Leistungen gegenüber Patienten abrechnet, hat sich an die Vorgaben der GOÄ zu halten.
Eine Ausnahme von der GOÄ und der GOZ lässt die Rechtsprechung des BGH allerdings dann zu, wenn Ärzte Konsiliarleistungen gegenüber Krankenhäusern erbringen. In diesem Fall können die Preise zwischen (Zahn-) Arzt und Krankenhaus frei verhandelt und vereinbart werden – auch ganz pauschal. Dies hat der BGH in einem anderen Urteil aus dem Jahre 2009 (Az.: III ZR 110/09) ebenfalls ausdrücklich geurteilt.