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Autor: katharina summerer

Verjährung und Verfall von Urlaub, Hinweispflichten des Arbeitgebers

In der Vergangenheit haben wir Sie bereits auf die Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers betreffen den Verfall und die Verjährung von Urlaubsansprüchen hingewiesen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat Ende 2020 sowie Anfang 2023 in mehreren Grundsatzentscheidungen das in Deutschland geltende Urlaubsrecht weiter den europarechtlichen Vorgaben angepasst.

Danach sind Arbeitgeber u.a. verpflichtet sind, ihre Mitarbeiter konkret und transparent über den ihnen zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu informieren, so dass diese in der Lage sind, ihren bezahlten Jahresurlaub zu nehmen.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, obliegt es dem Arbeitgeber seinen Mitarbeitern klar und rechtzeitig mitzuteilen, wieviel Urlaubsanspruch sie für das jeweilige Kalenderjahr haben und sie darüber zu informieren, dass der nicht genommene Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird (sog. Mitwirkungsobliegenheit).

Aus Nachweisgründen empfehlen wir Ihnen diese Unterrichtung unbedingt mindestens in Textform (Anschreiben, E-Mail etc.) oder aber auch schriftlich vorzunehmen. Kommt ein Arbeitgeber diesen Verpflichtungen nicht nach, hat dies zur Folge, dass in jedem Fall mindestens die nichtgenommenen gesetzlichen Urlaubstage nicht mehr verfallen und im ungünstigsten Fall über viele Jahre übertragen werden können.

Ein entsprechendes Musterhinweisschreiben, welches dies Vorgaben des BAG berücksichtigt, finden Sie am Ende dieses Artikels. Die Unterrichtung soll, so das BAG in seiner neuesten Entscheidung vom 31.01.2023, „unverzüglich“ nach der Entstehung des Urlaubsanspruchs erfolgen. Für bestehende Mitarbeiter, die bereits länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt sind, bedeutet dies, dass die Belehrung ab dem 1. Januar 2025 bis spätestens 10. Januar 2025 übermittelt werden muss.

Eine weitere Unterrichtung zu Beginn des 3. Kalenderquartals ist zwar nicht zwingend, jedoch in jedem Fall empfehlenswert.

Kommt der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nach, führt dies dazu, dass Urlaubsansprüche nicht verjähren und sich dementsprechend immer weiter kumulieren können – jedenfalls soweit sie nicht durch Gewährung in Natur erfüllt werden. Nur so können sich Arbeitgeber vor entsprechenden Forderungen ihrer Mitarbeiter schützen – gerade mit Blick auf etwaige Abgeltungsansprüche kann dies ansonsten erhebliche kostenträchtige Folgen für den Arbeitgeber haben.

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Viertes Bürokratieentlastungsgesetz in Kraft!

Nachdem der Bundestag das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz Ende September beschlossen hatte, stimmte auch der Bundesrat dem Gesetz in seiner Sitzung am 18.10.2024 zu. Mittlerweile ist das Gesetz auch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Insbesondere wurden darin folgende Maßnahmen zur Entbürokratisierung mit steuerlichem Bezug umgesetzt:

Anhebung der Grenze für monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen

Beträgt die Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7.500 Euro, ist derzeit der Kalendermonat der maßgebliche Voranmeldungszeitraum. Um Unternehmer von den mit der Voranmeldung verbundenen Bürokratiekosten zu entlasten, wurde der Schwellenwert auf 9.000 Euro angehoben, sodass mehr Unternehmer lediglich vierteljährlich eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben müssen. Die Regelung gilt ab 2025.

Kürzere Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege

Buchungsbelege müssen künftig nur noch acht, statt bisher zehn Jahre aufbewahrt werden. Die Neuregelung gilt für alle Buchungsbelege, deren bisherige (zehnjährige) Aufbewahrungsfrist am 31.12.2024 noch nicht abgelaufen ist. Die Regelung betrifft also auch bereits archivierte Belege. Sie wirkt insoweit zurück und führt dazu, dass zum 31.12.2024 bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr die Aufbewahrungsfrist von Buchungsbelegen kumuliert für gleich drei Wirtschaftsjahre endet.

Die verkürzte Aufbewahrungspflicht gilt nur für die Buchungsbelege. Insbesondere für Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Lagebericht und Konzernabschlüsse bleibt es wie bisher bei der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist. Für Handelsbriefe gilt weiterhin die sechsjährige Aufbewahrungspflicht.

Verlängerung der Geltungsdauer von Freistellungsbescheinigungen zur Quellensteuerentlastung

Bisher war die Geltungsdauer von Freistellungsbescheinigungen bei der Kapitalertragsteuer und beim Steuerabzug nach § 50a EStG für beschränkt Steuerpflichtige auf maximal drei Jahre befristet. Nun mehr ist eine Befristung auf maximal fünf Jahre zulässig.

Zentrale Vollmachtsdatenbank für Steuerberater

Es wurde die gesetzliche Grundlage für eine zentrale Vollmachtsdatenbank für Steuerberater in Verwaltungsverfahren nach den Sozialgesetzbüchern geschaffen. Ziel ist, dass Arbeitgeber ihren Steuerberatern nicht mehr schriftliche (General-)Vollmachten für die jeweiligen Sozialversicherungsträger ausstellen müssen.

Die neue Vollmachstdatenbank soll ab 01.01.2028 optional genutzt werden können und ab 01.01.2030 obligatorisch genutzt werden müssen.

Mehr digitale Rechtsgeschäfte

In vielen Fällen wurden digitale Rechtsgeschäfte per E-Mail, SMS oder Messenger-Nachricht zugelassen (Textform). Eine eigenhändige Unterschrift ist in diesen Fällen nicht länger erforderlich (Schriftform). Betroffen sind z.B.: Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht, Widerspruch des Mieters gegen Kündigung des Vermieters oder die Beschlussfassung der Gesellschafter von GmbHs außerhalb einer Versammlung.

Digitale Arbeitsverträge

Auch im Bereich der Arbeitsverträge wurde verstärkt die elektronische Form zugelassen. Beispielsweise kann der Arbeitgeber künftig auch per E-Mail über die wesentlichen Vertragsbedingungen informieren.

Digitale Steuerbescheide

Es wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um zukünftig Steuerbescheide digital bekanntgeben zu können (statt wie bisher in Papierform). Die Regelung tritt zum 01.01.2026 in Kraft. Auch nach einem Start der digitalen Bekanntgabe wird es aber weiterhin möglich sein, eine postalische Bekanntgabe von Steuerbescheiden zu beantragen.

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Ab 2025: Die elektronische Rechnung digitalisiert die Abrechnung

Sind Praxen und Patienten bereit für die Zukunft?

Die Einführung der elektronischen Rechnung gemäß § 359a SGB V, verankert im Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) vom März 2024, stellt einen bedeutenden Schritt hin zur Digitalisierung der Abrechnungsprozesse im deutschen Gesundheitswesen dar. Diese Regelung tritt am 1. Januar 2025 in Kraft und soll die bisher papierbasierten Verfahren bei der Abrechnung von Kostenerstattungsleistungen durch ein elektronisches Format ersetzen. Dies betrifft insbesondere Leistungen, die außerhalb des Sachleistungsprinzips liegen und von Versicherten direkt getragen werden.

Keine Verwechslung mit der allgemeinen E-Rechnung: Ab dem 1. Januar 2025 tritt auch die allgemeine Verpflichtung zur Nutzung der E-Rechnung für alle Unternehmen in Deutschland für B2B-Transaktionen in Kraft, wie es im Wachstumschancengesetz festgelegt ist. Diese Regelung betrifft alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Branche, und bezieht sich auf den elektronischen Rechnungsaustausch zwischen Geschäftspartnern. Im Gegensatz dazu zielt § 359a SGB V speziell auf das Gesundheitswesen ab. Hier wird die elektronische Rechnung im Rahmen der Telematikinfrastruktur genutzt, um medizinische Leistungen, die von den Versicherten direkt bezahlt werden, elektronisch abzurechnen. Während also alle Unternehmen in Deutschland die E-Rechnung für geschäftliche Transaktionen einsetzen müssen, betrifft die elektronische Rechnung im Gesundheitswesen nur die Kostenerstattungsleistungen im Verhältnis zu den Versicherten.

Die elektronische Rechnung im Gesundheitswesen

Mit der Einführung der elektronischen Rechnung soll eine effizientere und transparentere Abwicklung der Abrechnungsprozesse gewährleistet werden. Die Nutzung erfolgt über die Telematikinfrastruktur, die zentrale digitale Plattform im Gesundheitswesen, die bereits für Anwendungen wie die elektronische Patientenakte (ePA) genutzt wird. Die gematik, die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte, ist beauftragt, die notwendigen technischen Maßnahmen bis spätestens zum 1. Januar 2025 umzusetzen. Damit wird es Arztpraxen, Apotheken, Zahnarztpraxen und anderen medizinischen Leistungserbringern ermöglicht, Abrechnungen digital an Kostenträger oder privat Versicherte zu übermitteln.

Eine der zentralen Neuerungen der elektronischen Rechnung ist, dass sie für die Versicherten freiwillig ist. Diese müssen vorab ihre Einwilligung erteilen, um das elektronische Abrechnungsverfahren zu nutzen. Diese Einwilligung wird in der Regel über eine Benutzeroberfläche, wie beispielsweise die ePA-App der Krankenkassen, eingeholt und kann jederzeit widerrufen werden. Erteilt der Versicherte seine Einwilligung nicht, bleibt es bei der bisherigen papiergebundenen Rechnungsstellung.

Zugriffsrechte und Datenspeicherung

Auf die Daten, die in der elektronischen Rechnung enthalten sind, haben nur bestimmte Personen und Institutionen Zugriff, und dieser Zugriff ist streng zweckgebunden. Dazu zählen neben den behandelnden Ärzten auch deren berufliche Gehilfen sowie Verrechnungsstellen, die im Auftrag der Leistungserbringer tätig sind. Auch die Krankenkassen und andere Kostenträger sind berechtigt, auf die Daten zuzugreifen, jedoch ausschließlich zur Abrechnung der erbrachten Leistungen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Datenspeicherung: Die Abrechnungsdaten dürfen für maximal 10 Jahre in der Telematikinfrastruktur gespeichert werden, sofern der Versicherte dies ausdrücklich gestattet hat. Diese Regelung entspricht den üblichen Aufbewahrungsfristen im Gesundheitswesen und soll sicherstellen, dass sowohl die Versicherten als auch die Kostenträger bei Bedarf auf die Abrechnungsdaten zugreifen können, beispielsweise im Rahmen von Nachfragen oder Korrekturen.

Vorteile der elektronischen Rechnung

Die elektronische Rechnung bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich. Durch die Digitalisierung der Abrechnungsprozesse wird der Papieraufwand erheblich reduziert, was sowohl den Arbeitsaufwand in den Arztpraxen als auch die Kosten senkt. Zudem wird der Prozess durch die automatische Verarbeitung der Rechnungen beschleunigt, was insbesondere für Leistungserbringer und Kostenträger eine Erleichterung darstellt. Darüber hinaus fördert die elektronische Rechnung auch die Transparenz der Abrechnungen und erleichtert den Patienten den Überblick über ihre Erstattungen und Kosten.

Jedoch erfordert die Umstellung auf die elektronische Rechnung auch technische Investitionen seitens der Leistungserbringer. Praxen müssen sicherstellen, dass ihre IT-Systeme kompatibel mit der Telematikinfrastruktur sind. Die gematik arbeitet in diesem Zusammenhang eng mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zusammen, um hohe Sicherheitsstandards beim Umgang mit den sensiblen Gesundheitsdaten zu gewährleisten.

Fazit

Die Einführung der elektronischen Rechnung gemäß § 359a SGB V ist ein wichtiger Schritt zur Modernisierung des deutschen Gesundheitswesens. Sie erleichtert den Abrechnungsprozess sowohl für Leistungserbringer als auch für Versicherte, spart Ressourcen und schafft mehr Transparenz. Gleichzeitig müssen sich Praxen und Versicherte auf die neuen digitalen Prozesse einstellen und sicherstellen, dass die notwendigen technischen und organisatorischen Voraussetzungen erfüllt sind. Mit der konsequenten Umsetzung dieser Neuerung wird das Ziel verfolgt, das deutsche Gesundheitssystem zukunftsfähig und effizienter zu gestalten.

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Ärztlich verordnete Nahrungsergänzungsmittel

Bereits entschieden hat der Bundesfinanzhof als oberstes deutsches Finanzgericht, dass die Aufwendungen für eine Diätverpflegung keine Krankheitskosten darstellen und damit nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden könnten. Nur solche Aufwendungen seien als Krankheitskosten zu berücksichtigen, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl.

Fraglich ist nunmehr, ob diese strenge Sichtweise auch bei ärztlich verordneten Nahrungsergänzungsmitteln bei Krebserkrankung greift. Das Finanzgericht München hat dies zunächst bestätigt und auch solche Aufwendungen als nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung anerkannt.

Der Steuerpflichtige hat nunmehr die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt – Betroffene sollten daher entsprechende Einkommensteuerbescheide prüfen und offen halten. Gerne unterstützen wir Sie hier.

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Änderungen bei der Umsatzsteuer

Der Gesetzentwurf sieht eine Vielzahl von Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer vor. Anbei einige wichtige Kurzhinweise:

  • Aus der Leistungserbringung eines sog. „Ist-Versteuerers“ soll ab dem kommenden Jahr der Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Zahlung der Rechnung eröffnet sein. Entsprechende Unternehmen haben daher zwingend auf Ihren steuerlichen Status der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten (= Ist-Versteuerer) hinzuweisen.
  • Die Regelungen zu sog. Kleinunternehmern werden umfangreich angepasst! Wesentliche Neuregelung ist hierbei sicherlich die Anhebung der entsprechenden Umsatzgrenzen von 22.000 EUR auf 25.000 EUR für Umsätze des vorangegangenen Wirtschaftsjahres und von 50.000 EUR auf 100.000 EUR im laufenden Wirtschaftsjahr.

Hinweis: Nimmt der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auf, ist für den Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr der Betrag von 25.000 EUR maßgeblich. Wird dieser überschritten, unterliegt bereits der Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird, der Regelbesteuerung. Die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung bewirkten Umsätze bleiben jedoch steuerfrei.

  • Eine weitere Absenkung der Vorsteuerpauschale für Landwirte soll nicht erfolgen, es bleibt daher bei dem Pauschalsatz von 8,4 %.
  • Die Möglichkeit der Differenzbesteuerung soll zukünftig auf Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten nicht angewendet werden können, wenn der Eingangsumsatz des Wiederverkäufers einem ermäßigten Steuersatz unterlegen hat.

Ausblick

Neben dem Jahressteuergesetz 2024 steht mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz (siehe unseren Mandanteninfobrief vom September 2024) ein weiteres Gesetzgebungsverfahren in der Abstimmung. Es erwarten uns daher umfassende und wichtige steuerliche Änderungen, welche teilweise auch schon auf das Jahr 2024 rückwirkende Anwendung finden werden. Gerne halten wir Sie in unserem Mandanteninfobrief zum Jahresende auf dem Laufenden!

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